Silvo eine Blumenelfengeschichte. Fortsetzung
Silvo
Eine bunte Blumenwiese, weitab von Städten und Dörfern, ist das Zuhause der Blumenelfen.
Silvo der Blumenelf bewundert und liebt Ramina, die Tochter des Elfenkönigs. Doch ihre Eltern wollten sie mit Azur Ammad aus dem fernen Orient verheiraten. Nun war dieser fremdländische Besucher beim Elfenkönig zu Gast. Im Grunde genommen wollte Ramina diesen fremden Prinzen gar nicht ehelichen und auch nicht ins ferne Land ziehen. Doch Silvo meint, dass sie Azur Ammad besser kennen lernen sollte, um sich ein endgültiges Urteil zu bilden.
Der fremde Elfenprinz lebte nun schon einige Zeit auf der Blumenwiese der Elfen. Er bemühte sich Ramina und ihr Volk besser verstehen zu lernen und wurde Silvos Freund. Dieser war anfangs nicht gerade begeistert, doch dann schloss er mit ihm Freundschaft. Ramina ging Silvo aus dem Weg, doch der hatte momentan sowieso andere Sorgen.
Der Wind war aufgetaucht und beklagte sich bitter: „Die Menschen treiben es immer ärger. Dicke Rauchwolken blasen die Fabrikschlote in die Luft, den Bäumen schaden die Abgase, viele werden braun und dürr. Im Seen schwimmen tote Fische, das Abwasser der Häuser und Fabriken verseucht das Wasser.
Wiesen, Felder, Berge und Täler, deren Pflanzen und Tiere rufen immer lauter um Hilfe. Auf den Meeren werden sogar die klugen und lustigen Delfine gefangen und getötet, damit das Fleisch als Leckerbissen auf den Tischen der Menschen landet.
Die M e n s c h e n ……… die Liste wird immer länger, die Menschen rauben, morden, sind rücksichtslos, trachten nur nach Macht und Geld. Ja die Menschen.“
Der Wind wurde immer zorniger. Azur Ammad sagte entsetzt: „ Hier muss uns etwas einfallen, aber schnell!“ Wütend schrie der Wind und schüttelte die Bäume: „Der nächste Orkan wird grauenhaft werden!“
Zitternd versteckten sich die Elfen im hohlen Baum und warteten bis sich der Wind endlich wieder beruhigt hatte. „Nein“ antwortete Silvo, „dein letzter Sturm war schrecklich: Im Wald herrschte Angst und Schrecken. Viele Bäume hast du umgerissen, Vogelnester zerstört und die Tiere rannten in heilloser Angst ziellos umher. Diesmal muss uns etwas viel Klügeres einfallen!“
Die ältesten Tiere, Elfen, Elben, Kobolde, Feen, Hexen und Zauberer wurden eingeladen. Es herrschte Kriegsrat, Tage und Nächte wurde geplant und gestritten, bis endlich ein brauchbarer Plan zur Errettung der Umwelt geschmiedet wurde.
Schwalben, Tauben, Wildgänse und Enten wurden in alle Länder geschickt, um die Tiere und zauberhaften Geschöpfe der Feen- und Menschenwelt über den Plan zu informieren und bei der Durchführung mitzuhelfen. Der Wind und seine Luftgeister legten sich im hohen, gewaltigen Bergmassiv in einer geräumigen Höhle zur Ruhe.
Viele Tiere begaben sich sogleich auf Wanderschaft und zogen in die Berge, zu Seen, Flüssen, Wasserfällen oder in die Nähe der Meere. Nur wenige Menschen sahen diese rätselhaften Veränderungen, machten sich Gedanken und zogen ebenfalls mit. Doch die anderen waren so mit ihrer Arbeit und ihren täglichen Sorgen beschäftigt, dass sie die Zeichen nicht verstanden. Tagaus und tagein brannte die Sonne heiß auf die Erde. Kein Blatt, kein Halm wiegte sich im Wind. Der Rauch aus den Schornsteinen blieb in der Luft hängen. Es wurde stickig heiß, kein Windhauch brachte Kühlung. Wiesen, Felder, Flüsse und Bäche begannen auszutrocknen und den Menschen wurde Angst und Bang. Was war geschehen? Das Atmen wurde zur Qual. Eilig fuhren die Eltern ihre Kinder in die Berge, auch die alten Menschen mussten mit. Dort konnte man noch freier atmen, doch wie lange noch?
Marion, ein kleines Mädchen, sagte plötzlich laut zu ihrer Mutter: „Du Mama, der Wind ist böse auf uns. Haben wir etwas falsch gemacht?“ Raffael, ein junger, schlanker und großer Bursch, antwortete ruhig: „ Es musste ja so kommen, Wälder, Flüsse und Meere sterben, weil wir rücksichtslos mit unserer Umwelt umgehen. Es ist uns Menschen vollkommen egal, ob die Natur mit unserem Mist fertig wird. Jetzt haben wir den Salat. Wir werden alle zu Grunde gehen, wenn wir nicht endlich die Richtung ändern.“ Kinder und Jugendliche standen im Kreis und begannen heftig zu diskutieren: Spielzeug aus Plastik, Handys und Computer, die vielen Autos, Video und Fernseher, rücksichtslose Ausbeutung von Bodenschätzen, Wasser und Wäldern, Verpestung der Luft und die Qual der Tiere.
War es nicht schon beinahe zu spät? Überall begannen sich die Kinder und Jugendlichen zu wehren und bestürmten die Erwachsenen mit Fragen und Vorwürfen: „Was geschieht mit der Umwelt, wie können sie weiterleben, gibt es eine Zukunft für kommende Generationen? Denken alle nur noch an sich selbst? Warum werden so viele Tiere gequält, geschlachtet und das Fleisch weggeworfen, da es nicht verzehrt werden kann. Warum müssen wir soviel Fleisch essen, es ist doch nicht gesund?“
Die alten Menschen versuchten die Wogen der Entrüstung und Wut zu glätten und vermittelten zwischen Kindern und Eltern.
Raffael begann gemeinsam mit seinen Freunden zu überlegen und sie waren wild entschlossen, dass sie nicht eher ruhen würden, bis eine Umkehr möglich war und die Menschen auf die Stimme der Natur hörten und ein Ende der Zerstörung der Umwelt herbei geführt wird.
Sie spürten es war allerhöchste Eisenbahn, sie durften nicht locker lassen. Immer mehr Jugendliche schlossen sich dieser Gruppe an und ihre Proteste zwangen die Erwachsenen die Richtung zu überdenken. Gemeinsam überlegten sie Pläne zur Eindämmung der Plastikflut. Sie beschlossen, dass sie die Bauern zum Anbau von mehr Gemüse und Obst bewegen würden, auch das Kaufverhalten wollten sie überdenken und sich immer mehr mit der Frage beschäftigen. Brauchen wir das unbedingt?
„Ich verspreche,“ sagte Raffael dass ich nicht eher ruhen werde und die Menschen dazu begeistern werde, dass sie umdenken und mit Respekt und Achtung der Natur begegnen. Ja ich gelobe, so wahr ich hier stehe, ich werde mich bis zu meinem letzten Atemzug dafür einsetzen.“ Die Menschen stimmten ein. Ja sie wollten sich ändern.
Erstaunt verfolgten die Schwalben die wilden Diskussionen und den Eifer der Jugend. Sofort flogen die Vögel zur Blumenwiese. Schon von weitem zwitscherten sie aufgeregt und schlugen mit den Flügeln: „Rasch, weckt den Wind auf, schnell. Es ist genug. Die Kinder und die Jugendlichen werden die Erwachsenen aufrütteln. Die halten ihr Versprechen. Der Wind muss endlich aufwachen. Diese Hitze ist nicht länger zu ertragen!“ Silvo und die Blumenelfen flogen zum mächtigen Bergmassiv und schrieen laut im Chor:
Lieber Wind
wach auf geschwind,
es wird anders
bestimmt
die Kinder halten ihr Wort
anders wird es schon an vielen Ort
darum ist es höchste Zeit
ein jeder nach dir schreit
komm und die Schwüle vertreib!
B i t t e w a c h e n d l i c h a u f !
Der Wind und seine Luftgeister gähnten und streckten sich – da mal ein weißer Arm, dort eine lange Nase, ein bleiches Gesicht mit großen Pustebacken. Huch, ein heftiger Windstoß wirbelte die Elfen durcheinander.
Hinter einer Fichte versteckt riefen Silvo und Azur Ammad: „ Man, könnt ihr nicht aufpassen!“
„Ach wir herrlich habe ich doch geschlafen“, blies der Wind, „einfach wundervoll und traumhaft. Ich träumte, die dummen Menschen schmoren im eigenen Saft, keiner bläst ihnen die stinkende Luft fort, keine Regenwolken die Abkühlung bringen. Wo sind sie die klugen, dummen Menschen mit ihrer tollen Technik. Was sind die doch für armselige Kreaturen!“ Da kicherten die Luftgeister schadenfroh: „Aus und vorbei ist es mit ihnen.“ Zugleich fegte ein kalter Windstoß über die Wiese. „Du hast dies nicht alles geträumt“, sprach Silvo ernst, „es ist die pure Wahrheit. Die Menschen sind verzweifelt, ratlos und voller Angst und bitten um deine Hilfe!“
Der Wind wiegte seinen großen, zottigen, weißen Kopf hin und her und fauchte schließlich: „Reichlich spät kommen die darauf, sollen doch krepieren. Mir ist es vollkommen wurscht!“
„Nein“, antwortete Silvo ruhig, „das ist es dir nicht. Die Kinder dieser Erde werden eine Änderung herbeiführen. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Nun bist du ausgerastet, lieber Freund, brause jetzt leise und sanft übers Land. Und du wirst dich daran halten. Bitte!“
„Zu Befehl, großmächtiger und gütiger Herrscher“, witzelte der Wind, verbeugte sich galant und spöttelte: „Als Elfenkönig wärst du die beste Wahl, mir scheint Ramina muss sich ihre Hochzeit noch gründlich überlegen. Eines ist klar: du kannst auf meine Hilfe zählen. Bye, bye mein Junge, “ und schon war er fort.
Die Menschen jubelten über den kühlen Windhauch. Kinder und Jugendliche überall auf der Erde schlossen sich zusammen um für die Achtung der Natur und ihrer Lebewesen mutig einzutreten. Es war ihnen todernst.
Plötzlich spürte Silvo wie müde er sich fühlte. Auf einem Sonnenblumenblatt ließ er sich nieder. Ein paar Sonnenstrahlen kitzelten ihn an der Nase. „Schickt eurer Herrin der Sonne meinen lieben Gruß und herzlichen Dank“, flüsterte der Elf matt, „sie hat uns sehr geholfen unseren Plan auszuführen.“
„Wir werden es ausrichten“, lachten die Sonnenstrahlen, „uns hat es großen Spaß gemacht, die armen Menschen waren schon beinahe vertrocknet und jetzt sind sie nachdenklich geworden. Hoffentlich hält es eine Weile.“
„Ach ja, “ seufzte Silvo.
„Du magst sie die Menschen?“ tanzten und funkelten die Sonnenstrahlen, „obwohl sie nicht über euch Elfen nachdenken.“
„Ja ich mag sie“, stimmte Silvo zu, „ganz besonders die Kinder. Viele glauben an uns, suchen uns in Blumen, Vögel und Schmetterlingen. Horchen auf die Stimme der Erde, träumen von uns.“
„Aber glücklich bist du nicht“, wisperte ein ganz vorwitziger Sonnenstrahl.
„Ramina“, seufzte Silvo wieder und blickte auf die untergehende Sonne. „Es gibt viele Elfenmädchen!“
„Doch nur eine Ramina!“
„Sie gehört zu Azur Ammad und die Liebe zählt nicht. Was ist schon Liebe, “ fragte der Sonnenstrahl, „sie macht doch nur unglücklich, diese Liebe!“ „Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, sie ereifert sich nicht, prahlt nicht, sie freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles. Die Liebe hört niemals auf, “ antwortete Silvo feierlich. „Wer sagt das“, fragten die Sonnenstrahlen erstaunt. „Einer der Menschen, ein ganz besonderer, „antwortete Silvo leise.
„Na dann, viel Glück wünschen wir dir und deiner Liebe, “ und weg waren die Sonnenstrahlen.
Silvo war bereits eingeschlafen. Ein kalter Luftgeist schüttelte die Blätter und es begann in Strömen zu regnen. Da erwachte der Blumenelf und fror entsetzlich. Mit letzter Kraft flog er zu seiner Glockenblume und legte sich ins Himmelbett.
Als die Märchenfee Silvo aufwecken wollte, hatte dieser hohes Fieber und fantasierte. In panischer Angst flog sie zur Königsakelei, hier wohnte Ramina, die Tochter des Elfenkönigs. Ohne anzuklopfen, stürzte sie in das Zimmer der Elfenprinzessin und rief entsetzt: „Schnell komm, Silvo ist krank, schwer krank!“
Ramina erschrak zutiefst, denn die Märchenfee war ganz blass und das lange, blonde Haar hing ihr wirr ins Gesicht.
„Flieg zu Linda, der Kräuterfee und schicke diese sofort zu Silvo“, befahl Ramina und flog sofort in Richtung Glockenblume.
Linda war rasch in Silvos Haus aufgetaucht, Ramina kniete bei ihm und kühlte seine heiße Stirn mit kaltem Quellwasser. Die Kräuterfee suchte in ihrem Beutel die Medizin, löste sie im Tee auf und flößte sie dem Fieberkranken ein. Silvo schlief ermattet ein. Nach vielen Stunden erholsamer Ruhe öffnete er endlich die Augen und sah Ramina ungläubig an, „Du“, flüsterte, „bist endlich bei mir!“
„Ja“ antwortete Ramina lächelnd und strich ihm das schweißnasse Haar aus dem Gesicht; „ich bleibe bei dir, für immer.
Azur muss sich eine andere Braut suchen, die gemeinsam mit ihm in seine wunderschöne Oase in den fernen Osten zieht.“
Silvo seufzte erleichtert und schloss die Augen: „Und ich habe so schrecklich geträumt, „flüsterte er. „Ich schwamm als Delfin im Meer, trieb zu nahe ans Ufer und das Meer lief fort und ich konnte nicht mehr zurück. Es war so schrecklich. Ich meinte sterben zu müssen!“
Ramina hielt seine Hand und strich ihm über die Wangen: „Jetzt geht es dir bald besser“, tröstete sie. „Mein Platz ist an deiner Seite. Gemeinsam helfen wir den Kindern, dass die Erwachsenen auf die Natur Acht geben.
Wiesen, Felder, Wälder, Berge und Seen und deren Bewohner brauchen unsere Hilfe, zusammen werden wir es schaffen, die Menschen zu überzeugen. Nur nehmen und nichts geben ist die falsche Richtung.“
„Werden deine Eltern dir nicht zürnen, was sagt Azur Ammad dazu?“ fragte Silvo ungläubig.
„Oh der stolze Prinz hat sehr viel gelernt, er weiß, dass sein Volk nur mit Liebe, Gerechtigkeit und gutem Miteinander auf Dauer glücklich wird.
Azur Ammad hat bald begriffen, dass ich nur zu dir gehöre um an deiner Seite froh und glücklich zu werden. Er hat gesagt: Silvo und die Liebe vermögen alles!“
Der Blumenelf ließ sich zurück in die weichen Kissen fallen. Er hielt Raminas Hand fest in seiner und flüsterte glücklich: „ Und dann wird alles gut!“
Bild u. Text: Heidemarie Rottermanner
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